7.4.1. Binäre Kristallstrukturen – Überblick

Worum geht es ?
Kristallstruktur von Kochsalz

Bild 1 : Auf dieser Seite geht es um Kristallstrukturen von binären Verbindungen. Sie bestehen aus 2 Sorten von Atomen oder Ionen.

Kugeln einer Art möglichst dicht zu packen, ist einfach. Man erhält dichteste Kugelpackungen. Aber was tut man, wenn man 2 Arten von Kugeln hat ?

Die Kugeln stehen für verschiedene Sorten von Atomen oder Ionen. Manchmal sind sie von ähnlicher, oft aber von unterschiedlicher Größe. Manchmal sind alle Kugeln ungeladen, meist aber sind sie geladen, und oft haben sie unterschiedliche Ladung. In vielen Fällen sind gleichviele Kugeln (=Atome oder Ionen) von jeder Sorte vorhanden, häufig überwiegt aber die eine Sorte. Solche Verhältnisse findet man oft in Salzen oder in Metalloxiden, aber auch in anderen Verbindungen.

Die Natur hat viele Möglichkeiten solcher Packungen realisiert. Jede steht für einen Strukturtyp.

7.4.1.1. Lückenfüllen

Die Voraussetzungen

In diesem Abschnitt lege ich den Schwerpunkt nicht auf komplexe Ionen (Sulfat– oder Carbonat–Ionen gehören dazu, und noch unzählige weitere), sondern auf Ionen, die aus nur einem einzigen geladenen Atom bestehen.

Die kleinsten Teilchen sind also Ionen. Es sind positiv und negativ geladene Ionen. Es können aber auch polare Bindungen zwischen den Kugeln vorliegen, die dann Teilladungen haben.

Die Ionen haben unterschiedliche Größe. Meist sind die positiv geladenen Ionen (es sind fast immer Metallionen) deutlich kleiner als die negativ geladenen Ionen (oft Ionen von Halogenen oder Chalkogenen). Die Zahl der positiv geladenen und der negativ geladenen Ionen kann gleich, aber genauso gut auch unterschiedlich sein.

So verschieden die Voraussetzungen des vorigen Absatzes sind, so einheitlich ist doch der Weg, den die Natur gegangen ist, in jeder Verbindung die beteiligten Ionen geschickt zu packen.

Was heißt hier geschickt ? – Die Ionen sollen nicht nur insgesamt möglichst dicht gepackt werden, sondern es sollen sich auch gleichartig geladene Ionen nicht berühren, denn sie stoßen sich ab. Vielmehr soll jedes positiv geladene Ion von möglichst vielen negativ geladenen Ionen umgeben sein, und umgekehrt.

Der Weg
Nachbarschaft von positiven und negativen Ionen

Bild 2a : Die negativ geladenen Ionen (rot) berühren einander.

Nachbarschaft von positiven und negativen Ionen

Bild 2b : Die positiv geladenen Ionen (blau) weiten die Lücken auf. Nur noch entgegengesetzt geladene Ionen berühren sich.

Die Ionen der einen Sorte bilden eine dichteste Kugelpackung (hexagonal oder kubisch). Die Ionen der anderen Sorte besetzen Lücken der Packung. Das können Tetraederlücken, Oktaederlücken oder beide sein. Die Lücken können vollständig besetzt sein, oder nur zur Hälfte, einem Drittel oder einem anderen Bruchteil.

Groß oder klein

Wenn es heißt, die positiv geladenen Ionen besetzen Lücken in einer dichtesten Kugelpackung aus negativ geladenen Ionen, denken die meisten Menschen im ersten Augenblick, die positiv geladenen Ionen müssten ziemlich klein sein, denn sie müssen ja in die Lücken hineinpassen.

Diese Vorstellung hat 2 Konsequenzen. Sehen wir sie näher an.

Erstens : Nennen wir den Radius der packenden Ionen rp. Dann haben die Tetraederlücken eine Größe von 0,2247 ∗ rp. Ionen, die dort vollständig hineinpassen, müssten also sehr klein sein. Ihr Radius dürfte höchstens 22 % des Radius der großen Ionen betragen. So extreme Unterschiede in der Größe von Ionen gibt es aber nicht. Eines der größten einatomigen Ionen ist das Iodidion (I) mit einer Größe von 220 pm. Zu den kleinsten Ionen gehört das Lithiumion (Li+) mit einer Größe von 76 pm. Das sind 35 % der Größe des Iodidions. Nicht mal dieses winzige Ion passt eine tetraedrische Lücke einer dichtesten Packung aus den riesigen Iodidionen. Die oktaedrischen Lücken sind zwar größer, aber das ändert nur wenig. Nur ganz selten passt ein kleines Ion in eine dichteste Packung aus großen Ionen.

Zweitens : Wichtiger ist der zweite Grund. Ein zweidimensionales Beispiel (Bilder 2a und 2b) soll die Verhältnisse illustrieren. In Bild 2a sind die positiv geladenen Ionen (blau) so klein, dass sie in die Lücken passen. Die negativ geladenen Ionen (rot) berühren sich. Sie stoßen sich aber ab, müssen also auseinanderrücken. Man sagt, die Packung der negativ geladenen Ionen wird aufgeweitet. Diese Situation ist in Bild 2b gezeigt. Die negativ geladenen Ionen haben noch immer dieselbe gegenseitige Lage, berühren aber nur noch positive Ionen. Genauso berühren die positiv geladenen Ionen nur negativ geladene.

Die Ionen in den Tetraeder– oder Oktaederlücken müssen also größer sein als diese Lücken. Haben die packenden Ionen den Radius rp, dann muss der Radius der Ionen in den Tetraederlücken größer als 0,2247 ∗ rp sein, und der Radius der Ionen in den Oktaederlücken größer als 0,4142 ∗ rp, denn das sind die Größen dieser Lücken.

Beispiele

Die Packungsidee „Besetzung von Lücken in einer dichtesten Kugelpackung” wird in vielen Strukturtypen realisiert. Ich habe alle (im Projekt, nicht überhaupt) vorkommenden Strukturtypen in einer Tabelle zusammengefasst.

7.4.1.2. rote und grüne Äpfel bunt durcheinander – Legierungen

Eigentlich ist es eine ziemlich langweilige Sache. Alle Kugeln sind ungeladen, es sind also Atome. Alle Kugeln haben, zumindest ungefähr, die gleiche Größe. Wieviele von der einen und wieviele von der anderen Sorte vorhanden sind, ist egal.

Am einfachsten stellen Sie es sich so vor, dass die Atome der einen Sorte eine dichteste Kugelpackung (hexagonal oder kubisch) bilden. Dann ersetzen Sie in Gedanken einige (ganz wenige oder manche oder viele oder fast alle, ganz wie Sie wollen) dieser Atome durch Atome der anderen Sorte, völlig zufällig und regellos. Es ist, als ob in einer Apfelkiste rote und grüne Äpfel zufällig verteilt liegen.

Man nennt diese Art der Packung eine ungeordnete Legierung. Ein Beispiel ist die Legierung aus Silber und Gold, ein anderes Antimon und Wismut.

7.4.1.3. Die anderen Packungen

Dieser Abschnitt ist noch nicht fertig. Es wird um Verbindungen gehen, bei denen die oben genannten Packungen nicht möglich sind. Quarz ist ein Beispiel.

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